Corona: Was gilt jetzt im Arbeitsrecht?
Die Corona-Krise führt auch zu zahlreichen arbeitsrechtlichen Fragen. Hier gibt es Antworten zu jenen vier am häufigsten gestellten Fragen, die allgemein beantwortet werden können.
Einseitige Anordnung von Urlaub und Zeitausgleich durch Arbeitgeber
Viele Arbeitnehmer berichten, dass ihr Arbeitgeber einseitig Urlaub oder Zeitausgleich anordnet. Beides ist grundsätzlich unzulässig. Vielmehr muss jeder Urlaub und jeder Zeitausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden. Dies bedeutet, dass sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zustimmen müssen.
Allerdings raten wir in diesen Krisenzeiten an, Ihrem Arbeitgeber entgegenzukommen, falls für Sie im Betrieb derzeit keine Arbeit besteht. Und sie daher dem Abbau von vorhandenen Zeitguthaben sowie dem Abbau von Alturlauben, also dem Resturlaub aus vorhergehenden Arbeitsjahren, zustimmen.
Wie funktioniert der „Sonderurlaub“ für betreuende Eltern?
Schulen und Kindergärten sind grundsätzlich geschlossen. Die Kinder sollen zu Hause bleiben. Falls Eltern arbeiten gehen müssen und die Kinder in der Schule oder im Kindergarten betreut werden können, liegt kein Dienstverhinderungsgrund vor. Aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer können für Kinder bis zum 14. Geburtstag einen Sonderurlaub vereinbaren, damit das Kind zu Hause bleiben und ein Elternteil das Kind betreuen kann. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer müssen diesem Sonderurlaub zustimmen. Dieser Sonderurlaub kann bis zu drei Wochen vereinbart werden. Während dieser Zeit bezahlt der Arbeitgeber den Lohn weiter, der Arbeitgeber erhält aber ein Drittel des gezahlten Entgelts vom Bund ersetzt (begrenzt mit der Höchstbeitragsgrundlage: 5.370 Euro brutto monatlich). Diese Maßnahme wird auch als „Sonderbetreuungszeit“ bezeichnet.
Einvernehmliche Auflösungen
Viele Arbeitnehmer berichten, dass sie von ihren Arbeitgebern zu einvernehmlichen Auflösungen gedrängt wurden oder gedrängt werden, teils auch mit einer Wiedereinstellungszusage. Der Vorteil für den Arbeitgeber: Er muss ab Wirksamkeit der einvernehmlichen Auflösung keinen Lohn mehr bezahlen, keine Kündigungsfrist einhalten oder nicht mehr bis zum vorher vereinbarten Saisonende den Lohn weiterbezahlen. Auch andere Ansprüche fallen geringer aus, so etwa die Urlaubsersatzleistung oder die Sonderzahlungen. Falls ein Arbeitnehmer die erforderlichen Anwartschaftszeiten erworben hat, erhält er nach der einvernehmlichen Auflösung das niedrigere Arbeitslosengeld bezahlt.
Es gilt daher: Nichts voreilig unterschreiben, sondern vorher die Beratung durch einen Arbeitsrechtsexperten einholen.
Achtung: Ab einer bestimmten Betriebsgröße und ab einer bestimmten Anzahl von Auflösungen müssen Arbeitgeber vorher eine Anzeige an das Arbeitsmarktservice erstatten. Erst nach dieser Anzeige und der Mitteilung vom Arbeitsmarktservice an den Arbeitgeber, dass die Beendigungen zulässig sind, dürfen einvernehmliche Auflösungen oder Kündigungen durch den Arbeitgeber vorgenommen werden. Ohne Mitteilung des Arbeitsmarktservice muss der Arbeitgeber sogar 30 Tage nach der Anzeige warten, bis er Kündigungen aussprechen oder einvernehmliche Auflösungen abschließen darf.
Diese Grenzwerte werden überschritten, falls folgende Anzahl von Beendigungen durch den Arbeitgeber beabsichtigt sind:
- ab 5 Arbeitnehmern in Betrieben mit mindestens 21 bis 99 Arbeitnehmern;
- mindestens 5 % der Arbeitnehmer in Betrieben mit mindestens 100 bis 600 Arbeitnehmern;
- mindestens 30 Arbeitnehmer in Betrieben ab 601 Arbeitnehmern;
- mindestens 5 Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben (wobei es bei den über 50-Jährigen nicht darauf ankommt, wie viele Arbeitnehmer insgesamt im Betrieb beschäftigt sind.)
Werden diese Regeln nicht eingehalten, ist die Kündigung oder die einvernehmliche Auflösung rechtsungültig, das bedeutet, das Arbeitsverhältnis ist weiter aufrecht. Dies muss man aber möglichst rasch gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen.
Und falls man doch eine einvernehmliche Auflösung mit Wiedereinstellungszusage unterschreiben möchte, ist es wichtig, dass in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten wird, dass man zum gleichen Entgelt und in derselben Position wiedereingestellt wird, dass sämtliche dienstzeitabhängigen Ansprüche zur Gänze angerechnet werden, der Arbeitnehmer so gestellt wird, als wäre das Arbeitsverhältnis unter Außerachtlassung der Zeiten der Nichtbeschäftigung fortgesetzt worden, und auf die Einhaltung einer vereinbarten Konkurrenzklausel sowie auf die Rückzahlung allfälliger Ausbildungskosten verzichtet wird. Denn nur so ist sichergestellt, dass ein Arbeitnehmer aufgrund der einvernehmlichen Auflösung keinerlei Nachteile bei der Wiedereinstellung erleidet.
Arbeitspflicht, insbesondere bei geschlossenen Betrieben
Natürlich ist es überaus sinnvoll und wichtig, dass möglichst viele Arbeitnehmer zu Hause bleiben „sollen“. Davon ist aber die wichtige rechtliche Frage zu unterscheiden, ob Arbeitnehmer zu Hause bleiben „dürfen“.
Da von den Schulen und Kindergärten die Betreuung der Kinder angeboten wird, liegt in der Regel kein Dienstverhinderungsgrund vor, um die Kinder zu Hause zu betreuen. Von den verordneten Ausgangssperren gibt es Ausnahmen für Wege „für die Ausübung beruflicher Tätigkeiten“ (Tirol) oder die „für berufliche Zwecke erforderlich“ sind (Bund).
Wer keinen „Rechtfertigungsgrund“ für das Zuhausebleiben hat, muss daher in den Betrieb arbeiten gehen. Rechtfertigungsgründe können insbesondere sein:
- Urlaub (Vereinbarung mit Arbeitgeber)
- Zeitausgleich (Vereinbarung mit Arbeitgeber)
- Sonderbetreuungszeit (Vereinbarung mit Arbeitgeber)
- Home-Office (Vereinbarung mit dem Arbeitgeber)
- Erkrankung (unverzügliche Mitteilung an Arbeitgeber)
- Dienstfreistellung (einseitiger Verzicht des Arbeitgebers auf Dienstleistung)
- behördliche Quarantäne über Arbeitnehmer (unverzügliche Mitteilung an Arbeitgeber)
- behördlich angeordnete Betriebsschließung (betriebliche Quarantäne)
- behördliche Sperrzonen, z. B. von Gemeinden, falls der Betrieb nicht erreicht werden kann (unverzügliche Mitteilung an Arbeitgeber)
Behördliche Quarantäne
Bei behördlicher Quarantäne über den Arbeitnehmer, behördlich angeordneter Betriebsschließung und behördlichen Sperrzonen nach dem Epidemiegesetz steht dem Arbeitnehmer ein so genannter Vergütungsanspruch zu, der bei aufrechtem Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber durch Weiterbezahlung des Lohnes zu leisten ist. Der Arbeitgeber erhält den weiter bezahlten Lohn samt seinem Dienstgeberanteil zur Sozialversicherung vom Bund vergütet.
Betrieb vom Arbeitgeber geschlossen
Davon ist zu unterscheiden, dass der Betrieb vom Arbeitgeber geschlossen wird, ohne dass über den Betrieb eine behördliche Quarantäne verfügt wurde, etwa weil er keine Aufträge mehr erhält oder keine Kunden mehr kommen. Teilt in diesen Fällen der Arbeitgeber mit, dass man nicht mehr zur Arbeit zu kommen braucht, handelt es sich in aller Regel um eine Dienstfreistellung, während derer der Arbeitgeber das Entgelt weiterzubezahlen hat. Für diesen Entgeltzahlungsanspruch muss aber der Arbeitnehmer „arbeitsbereit“ sein, sodass er am besten dem Arbeitgeber gegenüber ausdrücklich und nachweislich seine „Arbeitsbereitschaft“ erklärt.
Das gilt bei Kündigung
Der Arbeitgeber könnte aber auch eine Kündigung aussprechen, muss aber dabei die Kündigungsfrist einhalten und für die Dauer der Kündigungsfrist das Entgelt bezahlen. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen, zum Beispiel bei Saisonarbeit, ist eine Kündigung in der Regel nicht möglich, sodass der Arbeitgeber das Entgelt bis zum vereinbarten Ende zu bezahlen hat. Oder der Arbeitgeber versucht eine einvernehmliche Auflösung. Für die einvernehmliche Auflösung benötigt er die Zustimmung des Arbeitnehmers, die aber zu Nachteilen für den Arbeitnehmer führen kann (siehe oben). Plant der Arbeitgeber die Beendigung von mehreren Arbeitsverhältnissen, muss er bei Überschreiten einer bestimmten Betriebsgröße und ab einer bestimmten Anzahl von Beendigungen vorher eine Anzeige an das Arbeitsmarktservice erstatten, ansonsten sind die Beendigungen ungültig. Am besten aber, es kommt anstatt der Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu einer geförderten Kurzarbeit, die beim Arbeitsmarktservice beantragt werden kann.
Viele weitere Infos, die laufend aktualisiert werden, finden Sie auf http://www2.oeaab-sbg.at/