Die Bundesregierung setzt mit dem zweiten Teil der Pflegereform einen wesentlichen Schritt für die ältere Generation. Schwerpunkte sind Verbesserungen bei der 24-Stunden-Betreuung und bessere Rahmenbedingungen für Gesundheits- und Krankenpflegepersonen sowie für pflegende Angehörige. Dafür stellt die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode über 120 Millionen Euro zur Verfügung.
„Pflege ist keine reine Versorgungsfrage, sondern eine Frage der Menschlichkeit. Wir müssen ein Pflegesystem schaffen, das es jeder und jedem Einzelnen ermöglicht, im Alter würdevoll zu leben und die optimale Betreuung zu haben. Dabei dürfen wir auch die Finanzierung nicht aus dem Auge verlieren. Die präsentierten weiteren 18 Maßnahmen für die Pflege bringen wesentliche Verbesserungen für Angehörige sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Pflegebereich “, zeigt sich ÖAAB-Generalsekretär Abg.z.NR Christoph Zarits erfreut.
Fakt ist: In Österreich werden 84 Prozent aller Bedürftigen zuhause gepflegt – 46 Prozent ausschließlich von Angehörigen, 31 Prozent unterstützt von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten, nur fünf Prozent entscheiden sich für eine 24-Stunden-Betreuung.
„Unsere Maßnahmen und Angebote müssen sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, mit dem Ziel das Pflegesystem langfristig abzusichern. Die Bevölkerung über dem Erwerbsalter 65plus nimmt in absoluten Zahlen und anteilsmäßig stark zu. Es gilt sich auf zukünftige Herausforderungen einzustellen und Vorkehrungen zu treffen, um auf den demographischen Wandel rechtzeitig gewappnet zu sein. Der zweite Teil des Pflegepakets garantiert nun die Rahmenbedingungen, die für die Menschen stimmen, die die Pflege leisten“, so Zarits abschließend.
18 Maßnahmen, die die Zukunft der Pflege in Österreich sichern:
- Erhöhung der Förderung: Die Förderung für 24-Stunden-Betreuung wird schnellstmöglich, spätestens ab 1. September 2023 erneut um 25 Prozent angehoben. Sie steigt von 640 auf 800 Euro bei zwei selbständigen Personenbetreuern, von 1.280 auf 1.600 Euro bei zwei unselbstständigen Betreuungspersonen. Der Bund übernimmt die Kosten von 23 Millionen Euro für 2023. Ab 2024 soll eine Übernahme in die Regelfinanzierung erfolgen (60 Prozent Bund, 40 Prozent Länder).
- Hausbesuche: Um Sicherheit und Qualität der Betreuung zu Hause zu gewährleisten, wird die Zahl der Hausbesuche durch diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal auf bis zu vier Besuche im Jahr ausgeweitet. Dadurch soll in der 24-Stunden-Betreuung eine laufende Begleitung durch qualifiziertes Personal sichergestellt werden.
- Teilbarkeit: Selbstständige 24-Stunden-Betreuer dürfen künftig bis zu drei Personen in einem privaten Haushalt betreuen, auch wenn sie nicht in einem Verwandtschaftsverhältnis stehen. Die Teilbarkeit eröffnet neue Möglichkeiten der Betreuung im gemeinsamen Wohnen.
- Beratungszentren: Das Sozialministerium fördert aktuell Beratungsstellen für 24-Stunden-Betreuer an drei Standorten in Österreich. Dieses Angebot soll zukünftig in ganz Österreich zur Verfügung stehen.
- Supervision und E-Learning: 24-Stunden-Betreuer können künftig kostenlos Supervision in Anspruch nehmen. Zusätzlich wird eine multilinguale e-learning Plattform entwickelt. Beides trägt dazu bei, die Qualität der Arbeit zu sichern.
- Transparenz bei der Abrechnung: Für die Abwicklung der Abrechnungen kann die Agentur eine Gebühr verrechnen. Es soll sichergestellt werden, dass die Abrechnung für Betreute und Betreuer nachvollziehbar ist.
- Erweiterung Kompetenzen: Künftig können diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger Medizinprodukte, wie z.B. Inkontinenzbedarf, nicht nur weiter – sondern auch erstmalig verordnen.
- Leichtere Nostrifikation: Bei ausländischen Pflegekräften werden künftig Gesamtqualifikation und Berufserfahrung beurteilt und nicht mehr das Stundenausmaß der Fächer in der Ausbildung. Dies ermöglicht einen schnelleren Berufseinstieg in Österreich.
- Anerkennung für Pflegeassistenz: Im Ausland ausgebildete Pflegeassistenten (PA) dürfen unter Anleitung und Aufsicht auch während der Nostrifikation in ihrem Beruf arbeiten. Sie haben zwei Jahre Zeit, ergänzende Ausbildungen zu absolvieren.
- Mehr Möglichkeiten für Zivildiener: Mit einem Ausbildungsmodul können Zivildienstleistende die berufsrechtliche Befugnis zur Unterstützung bei der Basisversorgung von Pflegebedürftigen erlangen.
- Aufschulungen für Pflegefachassistenten: Der Zugang zur verkürzten Diplomausbildung für Pflegefachassistenten wird erleichtert, in dem die Voraussetzung einer zweijährigen Berufserfahrung entfällt. Wie bisher können Pflegefachassistenten auch zielgruppenspezifische FH-Bachelorstudiengänge nutzen.
- Nachgraduierung für Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger: Die Anrechnungsmöglichkeiten von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegern auf die Bachelor-Ausbildung an Fachhochschulen sollen erweitert werden.
- Angehörigenbonus: Derzeit haben pflegende Angehörige, die im gemeinsamen Haushalt mit der pflegebedürftigen Person wohnen, Anspruch auf einen Angehörigenbonus in Höhe von 750 Euro für 2023 bzw. 1.500 Euro für 2024. In Zukunft ist der gemeinsame Haushalt nicht mehr erforderlich. Insgesamt profitieren 80.000 Angehörige vom Angehörigenbonus.
- Pflegegeldeinstufung durch Pflegekräfte: Der Einsatz von Pflegekräften bei der Pflegegeldbegutachtung im Rahmen von Erhöhungsanträgen hat sich bewährt. Deswegen dürfen Pflegekräfte künftig auch Ersteinstufungen vornehmen.
- Pflege-/Familienhospizkarenz für Selbstständige: Für die Pflege oder Begleitung sterbender Angehöriger oder schwersterkrankter Kinder soll ein Modell entwickelt werden, damit sich künftig auch Selbstständige vorübergehend karenzieren lassen und Pflegekarenzgeld erhalten können.
- Rechtsanspruch auf Begleitung bei Kinderreha: Für die Begleitung von Kindern zur Rehabilitation nach einer schweren Erkrankung oder einem Unfall besteht künftig ebenfalls Rechtsanspruch auf insgesamt vier Wochen Pflegekarenz inklusive Bezug von Pflegekarenzgeld.
- Ausweitung der Angehörigengespräche: Die kostenlosen Angehörigengespräche werden von 5 auf 10 verdoppelt. Sie helfen Angehörigen, die großen Herausforderungen der Pflegesituation besser zu bewältigen.
- Unterstützung von Young Carers: Für Kinder und Jugendliche, die Pflege und Betreuung leisten, wird eine breite Infokampagne gestartet. Damit werden auch Pädagogen, Hausärzte etc. für die Situation dieser Kinder sensibilisiert.